„Nie wieder ist jetzt“ – nie wieder darf sich wiederholen, was in den Jahren 1933-1945 in Deutschland geschehen ist; jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir dafür eintreten müssen. Was kann man aber als Schule dafür tun, um junge Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren? Für Schülerinnen und Schüler des Andreae-Gymnasiums (AGH) fanden vor den Faschingsferien diesbezüglich gleich zwei Veranstaltungen zu den Themen Nationalsozialismus früher und Antisemitismus heute statt. Der Gäubote berichtete bereits über den Vortrag des emeritierten Professors und Antisemitismusforschers Wolfgang Benz. An diesem Vortrag, der von zwei Schüler*innen aus dem Leistungskurs Geschichte moderiert wurde, nahmen sowohl die Jahrgänge 9 und J1 des AGH als auch Schüler*innender JRS teil, die in der anschließenden Fragerunde Themen wie den Israel-Palästina-Konflikt, Umgang mit Minderheiten allgemein, Antisemitismus heute, die AFD und die Zukunft der Demokratie in Deutschland ansprachen.
Die unfassbaren Verbrechen des Nationalsozialismus etwas fassbarer zu machen, war Ziel der diesjährigen Gedenkstättenfahrt des AGH am 5. Februar. Zusammen mit den Lehrkräften Sandra Wahrheit, Ismail Yavuzcan, Boris Greiner und Referendarin Kirsten Schneider besuchten die drei neunten Klassen das ehemalige Konzentrationslager Natzweiler-Struthof im Elsaß. Nach einem ersten Halt am Bahnhof Rothau, von dem aus die damaligen Häftlinge Struthof laufen mussten, ging es in der eigentlichen Gedenkstätte weiter. Die Schülerinnen und Schüler besichtigten in Begleitung der Lehrer*innen die Anlage des ehemaligen Konzentrationslagers, unter anderem die Kommandantenvilla, die Gaskammer, das Versuchslabor und das Krematorium. Dabei bearbeiteten sie Arbeitsaufträge oder verlasen Zeitzeugenberichte sowie Berichte von Lagerinsassen. Fast 50% dieser Insassen sind in den nur knapp vier Jahren des Bestehens von 1941-1944 zu Tode gekommen. Die meisten wurden hingerichtet, einige wenige wurden vergast, insbesondere 86 Jüdinnen, die nur zu dem Zweck deportiert wurden, dass ihre Schädel und Skelette an der Universität Straßburg ausgestellt werden konnten. Ein Schüler fasste die Eindrücke dieses Tages treffend zusammen: „Mir war schon vor der Besichtigung bewusst, was mit den Menschen damals passiert ist, dennoch hat die Besichtigung mir nochmal gezeigt, warum so etwas nie mehr passieren darf.“
Aber wie verhindert man das konkret? Neben Information und Aufklärung ist auch die Stärkung der Schüler*innen ein Anliegen, das im Angebot des AGH eine zentrale Rolle einnimmt. Zum einen sollen alle Schüler*innen in ihrer Individualität wahrgenommen und gefördert werden. Dazu tragen regelmäßige Mentoring-Gespräche in allen Klassenstufen und ein jährlicher Schülersprechtag bei. Unterstützt wird das Kollegium von Schulsozialarbeit, Schulseelsorge und einem Beratungslehrer. Daneben sollen die Schüler*innen jedoch auch in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden und Selbstwirksamkeit erleben. Dies gelingt im Rahmen der Schülermitverantwortung (SMV) oder im Arbeitskreis „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, der immer wieder Aktionen in der Schule plant und durchführt. Auch der regelmäßig stattfindende Leitbildtag und diverse Präventionsprojekte und AGs haben zum Ziel, gegenseitigen Respekt und Toleranz zu fördern und zu Zivilcourage zu ermutigen – damit „Nie wieder ist jetzt“ keine leere Phrase bleibt.
Hier der Bericht der begleitenden Kolleg*innen und Schüler*innen, zusammengestellt von Sandra Wahrheit:
Besuch der Gedenkstätte Natzweiler-Struthof
Am 5. Februar besuchten die 9. Klassen des Andreae-Gymnasiums die Gedenkstätte Natzweiler-Struthof ein ehemaliges Konzentrationslager im Elsass. Auf dem Hinweg hielten unsere Busse als erste Station am Bahnhof in Rothau kurz vor Struthof. Hier mussten damals die Häftlinge aussteigen und zu Fuß nach Struthof weiterlaufen. Eine Gedanktafel erinnert am Bahnhof an die schrecklichen Ereignisse.
Schließlich fuhren wir zum ehemaligen Konzentrationslager, das auf einer Höhe von 800 m liegt. Herr Yavuzcan, Herr Greiner, Frau Schneider und Frau Wahrheit führten uns klassenweise durch die Anlage des ehemaligen Konzentrationslagers. Während die eine Klasse beim Lagertor mit dem Besuch anfing, marschierte die zweite Gruppe zur Kommandantenvilla, die dritte Gruppen machte zuerst Station bei der Gaskammer. Somit bekamen wir nach und nach anhand der Anlage einen Einblick in die dunkle Vergangenheit der deutschen Geschichte. Wir konnten uns vorstellen, wie schlecht und menschenunwürdig die Menschen bzw. Häftlinge damals in Struthof behandelt wurden und wir sehr sie leiden mussten. Auch die noch vorhandenen Bauwerke und Gebäude sind Zeitzeugen und machten uns bewusst, die grausam die damaligen Umstände waren. Vor allem die Gaskammer, die Versuchslabore und letztendlich das Krematorium zeigen die unvorstellbare Art der Unmenschlichkeit.
Hier noch ein paar Stimmen von Schülern und SchülerInnen. „Mir war schon vor der Besichtigung bewusst, was mit den Menschen damals passiert ist, dennoch hat die Besichtigung mir nochmal gezeigt, warum so etwas nie mehr passieren darf“, meinte Jannik. Oder Ronja: „Es war erschreckend, wie die Häfltlinge dort behandelt wurden und wie viele Menschen dort gestorben sind. „Es ist wichtig, dass alle Schüler einmal ein ehemaliges Konzentrationslager besuchen, um zu sehen, wie schrecklich dies damals war“. Erik dagegen meinte, dass die Atmosphäre am Verbrennungsofen sehr bedrückend war.
Insgesamt waren sie sich einig, dass sie Vieles bei dieser Gedenkstättenfahrt lernen konnten und solchen Grausamkeiten sich nie wiederholen dürfen. Auch die begleitenden LehrerInnen fanden die Gedenkstättenfahrt trotz der langen Anreise eindrücklich und emotional berührend.