Geschichte vor Ort: Besuch im KZ Oberer Kuhberg in Ulm

Auch dieses Jahr besuchten unsere 9er das Konzentrationslager auf dem Oberen Kuhberg in Ulm. Jedes Jahr organisiert die Fachschaft Geschichte diesen Lernortbesuch in Ulm. Dieses Jahr trug Dr. Ismail H. Yavuzcan die Verantwortung für diese Exkursion mit etwa 110 Teilnehmern. Neben Herrn Yavuzcan, nahmen die KollegInnen Boris Greiner, Frieder Seibt, Pauline Rentschle und Julia Wiedenmann teil.

   

Das Land Württemberg unterhielt von November 1933 bis Juli 1935 im Fort Oberer Kuhberg am Ulmer Stadtrand ein Konzentrationslager. Inhaftiert waren dort mehr als 600 politische und weltanschauliche Gegner des NS-Regimes, deren Leben und Haftbedingungen den Schülerinnen und Schülern während ihres Besuchs eindrucksvoll vor Augen geführt wurden.  Das Gebäude und das Gelände sind auf dem Oberen Kuhberg weitgehend unverändert erhalten, während die restlichen 80 ehemaligen Konzentrationslager in Süddeutschland teilweise zerstört oder nicht zugänglich sind. Die Schüler konnten an diesem besonderen Erinnerungs- und Lernort den Übergang von der ersten deutschen Demokratie – der Weimarer Republik – zur NS-Diktatur nachverfolgen. Das KZ zeigt die Etablierung des Terrorregimes im Land und die Anfänge der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Besonders eindringlich für die Schüler war der Besuch der unterirdischen Kasematten. Diese waren eigentlich – auch bei der Nutzung als Kriegsgefangenenlager – bis dahin nicht zur Unterbringung von Menschen verwendet worden. Unsere Schüler wurden u.a. von Frau Annette Lein, Pädagogische Mitarbeiterin am Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg, in die Geschichte des Gebäudes eingeführt.

Berühmte Insassen des KZs waren u.a. Kurt Schumacher (SPD-Reichstagsabgeordneter) und Alfred Haag (KPD-Landtagsabgeordneter). Beide waren besonderen Schikanen ausgesetzt, etwa durch die Unterbringung in Einzelhaft und Demütungen. Namentlich bekannt sind 345 Gefangene. Sie kamen weitgehend aus der württembergischen KPD und SPD. Daneben gab es aber auch parteipolitisch nicht organisierte Systemgegner (oft als „Asoziale“ denunziert) und weltanschauliche Gegner wie z.B. drei katholische Pfarrer und ein Vertreter einer evangelischen Freikirche.

Die Schüler hatten im Rahmen der Exkursion auch Gelegenheit, die Denkstätte Weiße Rose in der VHS Ulm zu besuchen, die von der Schwester der beiden Gründungsmitglieder, Inge Scholl, gemeinsam mit anderen engagierten Bürgern am 24. April 1946 gegründet wurde – genau ein Jahr nachdem die Amerikaner Ulm befreit hatten. Es ist kaum bekannt, dass die Geschwister Scholl – wie auch die meisten Mitglieder der „Weißen Rose“ – aus Ulm kamen. Auch weitere Jugendliche, die aus Ulm stammten, gerieten in Konflikt mit der NS-Herrschaft, oft nur weil sie anders dachten, anders glaubten, anderes für wichtig hielten.

   

Am 19. April 2000 wurde im EinsteinHaus der Ulmer Volkshochschule die Dauerausstellung »wir wollten das andere« – Ulmer DenkStätte Weiße Rose – Jugendliche in Ulm 1933 bis 1945 eröffnet. Dr. Andreas Lörcher, Wissenschaftlicher Leiter am Aicher-Scholl-Kolleg, gab den Schülern und Schülerinnen einen kundigen Einblick in das Leben und Wirken der Mitglieder der „Weißen Rose“.

Zum Abschluss bekamen die Schüler Gelegenheit, das Ulmer Münster zu besichtigen und den Hauptturm zu besteigen. Das Ulmer Münster ist eine im gotischen Baustil errichtete Kirche; schon 1377 wurde der Grundstein gelegt. Es ist die größte evangelische Kirche Deutschlands. Der 1890 vollendete 161,53 Meter hohe Turm ist der höchste Kirchturm der Welt. Besonderen Spaß machte den Schülern die Besteigung des Hauptturms mit seinen über 768 Stufen. Von dort bietet sich dem Besucher ein eindrucksvolles Panorama der Stadt und ihrer Umgebung. Trotz  wunderschönen Wetters bleib uns jedoch der Blick bis zu den Alpen leider verwehrt.

Verfasser des Beitrags: Dr. Ismail H. Yavuzcan