Erlebnisbericht zum Besuch der nationalsozialistischen Gedenkstätte Oberer Kuhberg in Ulm am 17.02.2020 mit den 9. Klassen
Wir waren informiert über dieses „dunkle Kapitel“ der deutschen Geschichte, hatten etliche wichtige Daten und Ereignisse im Kopf und erinnerten uns an so manche Diskussion aus dem Unterricht. Doch nichts, was wir in den Wänden unserer Klassenzimmer gelernt hatten, wird uns wohl so sehr im Gedächtnis bleiben wie die Eindrücke, die wir direkt vor Ort in der ehemaligen Ulmer Bundesfestung erhielten.
Nationalsozialismus, Drittes Reich, Unterdrückung, Verfolgung und Konzentrationslager – diese Begriffe kannten wir Schüler der neunten Klassenstufe des Andreae Gymnasiums schon, bevor wir uns am 17. Februar um 8 Uhr auf den Weg zur Gedenkstätte Oberer Kuhberg in Ulm machten.
Die heutige Gedenkstätte diente von 1933 bis 1935 als ein frühes Konzentrationslager für politisch Verfolgte, ist also keinesfalls mit den späteren Massenvernichtungslagern, sondern eher mit einem Gefängnis zu vergleichen. Allerdings sollte man auch diese Einrichtung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schon nachdem wir das Gebäude durch das Haupttor betreten hatten, fielen uns die niedrigen Temperaturen auf, welche sogar die eisige Kälte, die außerhalb herrscht, angenehm erscheinen ließ. Als wir anschließend in eine der Kasematten Gänge, in denen die Gefangenen gehaust hatten, hinabstiegen, wurde uns in den unterkühlten, lichtlosen und feuchten Zellen schon etwas schaurig zu Mute. Durch Zitate ehemaliger Gefangenen erfuhren wir, dass die Zustände früher auch nicht besser, sondern ganz im Gegenteil, noch viel unerträglicher waren. Die Worte der Zeitzeugen erlaubten uns einen Einblick in die hoffnungslose und stille Zeit während der Gefangenschaft. Das Schlafen auf nassen Strohsäcken und das Verbringen des Tages in einer stickigen, stockfinsteren Zelle gehörte zu ihrem Alltag. Sadistische Spielchen der Wärter wie das Verwehren des Toilettengangs oder der Samstags -„Sport“, welcher aus Wälzen im Dreck bestand, wurden zur Normalität. Am meisten schockte uns die Atmosphäre in den Dunkelarrestzellen des Lagers. Die winzigen, unterirdischen Räume waren damals mit nichts anderem als einer Pritsche und einem Eimer ausgestattet. Das Sprechen war strengstens verboten und die Zeitspanne des Aufenthalts hing von der Laune des grausamen Lagerkommandanten Karl Buck ab.
Das Betreten des Lagers durch das extra für die gefangengenommenen Männer existierende Nebentor markierte das Außerkrafttreten der bis dahin geltenden Menschenrechte. Circa 210 Männer hätten hier Platz gehabt, inhaftiert waren allerdings 300. Bis heute ist unklar, wo die restlichen Gefangenen unterkamen. Doch garantiert ist, dass es ihnen auch nicht besser erging als den Männern in den Kasematten. Auf diesem Boden zu stehen, wo Menschen misshandelt, erniedrigt und gebrochen wurden, ließ uns noch einmal ganz anders darüber nachdenken, was damals passiert war. Am Ende verließen wir die Gedenkstätte mit dem Satz im Hinterkopf, der nun Anstelle der Hakenkreuze und eines Hitler–Porträts den Eingang ziert:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Ich kann wohl für uns alle sprechen, wenn ich sage, dass ich mir nun viel bewusster bin, wie wichtig es ist, dass wir uns weiter an das damals Geschehene erinnern und alles dafür tun, dieses erste und wichtigste Grundrecht zu schützen.
Nach dieser Führung voller Eindrücke und Informationen durften wir uns aber auch etwas sportlich betätigen, denn es ging 768 Stufen in die Höhe. Das Ulmer Münster stellte wortwörtlich einen der Höhepunkte unseres Tages dar und gab uns die Möglichkeit, Ulm auch von oben zu bestaunen.