„Modellschule Friedensbildung“ – diese Zertifizierung strebt das AGH seit Ende letzten Schuljahres an. Was heißt das? Wir möchten Frieden sowohl in unserem Unterricht als auch im alltäglichen Miteinander verankern, sichtbar machen und fördern. Damit die gesamte Schulgemeinschaft auf diesem Weg mitgenommen wird, fand am Donnerstag, dem 09.01., eine Kick-off-Veranstaltung im Rahmen einer Schulversammlung in der Aula statt, wo bereits die über tausend Friedenskraniche hängen, die unsere Schüler*innen am Schüler*innen-Sprechtag gebastelt hatten.
Aber warum Kraniche? Schulleiterin Judith Bentele erklärte es: Die Kraniche gehen zurück auf die Geschichte des japanischen Mädchens Sadako, die 1945 in Hiroshima den Abwurf der ersten Atombombe überlebte, in seiner Folge jedoch an Leukämie erkrankte. Sie hatte gehört, dass man einen Wunsch frei hat, wenn man 1000 Kraniche faltet. Obwohl sie das geschafft hat, erlag sie ihrer Krankheit, und ihre Freund*innen rätselten, warum das so war. Vielleicht hatte sie sich gar nicht Gesundheit, sondern etwas Anderes gewünscht? Sie kamen zu dem Schluss, dass sie sich Frieden gewünscht haben musste. Und so wurde der Kranich zum Friedenssymbol. Auch heute noch werden jährlich viele tausend Kraniche gefaltet und nach Hiroshima geschickt, wo sie bei dem Friedensdenkmal, das Sadako zeigt, aufgehängt werden.

Wie wertvoll Frieden ist, schildert Lehrer Bernd Wolpert, der Hass und Gewalt schon mehrfach erlebt hat: Im Sudan, in Nigeria und in Palästina. Seine Botschaft: Mann kann nur hassen, was man nicht kennt. Was also nötig sei, seien Begegenungen zwischen Menschen, Gerechtigkeit und Versöhnung. Hass könne Hass nicht vertreiben, Gewalt mit Gewalt zu vergelten, führe nur zu mehr Gewalt.



Von dem Traum von Frieden handelt auch der Song, den der Musikkurs von Daniel Fix vor zwei Jahren geschrieben hat. Darin heißt es: „Think of a world full of kindness and peace. Wouldn’t that be something to achieve?“
Leider sind wir davon noch weit entfernt. Das wurde überdeutlich in den Interviews mit einem Schüler und einer Mutter, die den Krieg am eigenen Leib erlebt haben und noch erleben. Matvii aus der Ostukraine berichtet, wie er nach Kriegsbeginn seine Heimat verlassen hat, zunächst in der Hoffnung, bald wieder zurückzukehren. Nun ist er bereits seit zwei Jahren in Deutschland, fern von seinen Freunden und vor allem seinem Vater, mit dem er täglich telefoniert und um den er täglich bangt, weil er beim Militär ist. Alles, was er will, ist, ihn wiederzusehen und ihn stolz machen.
Die Mutter einer unserer Schülerinnen schildert ihr Leben im Irak, wo sie drei fürchterliche Kriege erlebt hat. Das Schlimmste sei allerdings die Zeit danach gewesen, die von Zerstörung, Rache und gegenseitigen Vergeltungsmaßnahmen geprägt gewesen sei. Sie schildert, dass sie jeden Monat auf einer Beerdigung gewesen ist, mehrere Verwandte getötet wurden und ihr Vater vor ihren Augen erschossen wurde. Alles, was sie sich wünscht, ist, dass ihre Familie sicher ist und ihre Kinder nicht Ähnliches erleben müssen. Auch betont sie, dass dieser Wunsch nicht von selbst wahr wird, sondern dass jeder und jede täglich daran arbeiten müsse: in der Familie, in der Klasse, mit Freunden und vor allem mit Menschen, die einem vielleicht nicht so nahe stehen.
Die Erschütterung nach diesen Interviews ist groß, und allen ist deutlich geworden, was auf dem Spiel steht, wenn wir uns nicht für Frieden einsetzten. Gut, dass nun erst einmal Schülerinnen der Klasse 9 einen selbst choreographierten Tanz zu einem Friedenssong darbeiten, der dabei hilft, das Gehörte zu verarbeiten
Schließlich sollen aber auch Perspektiven eröffnet und positive Beispiele eines aktiven Einsatzes für den Frieden gezeigt werden. Rings um die Aula sind 28 Roll-Ups aufgestellt, auf denen Friedensmacher*innen aus den verschiedensten Ländern der Welt und ihre Arbeit portraitiert werden. Schüler*innen und Lehrer*innen stellen einige Mut machende Beispiele vor, die zeigen, wie auch in Konflikt-Gebieten Friedensprozesse angestoßen werden können.
Abschließend gratuliert Oberbürgermeister Nico Reith dem AGH dafür, dass es sich auf diesen Weg macht und verspricht die Unterstützung der Stadt. Und da man, so Judith Bentele, für einen Weg Wegzehrung braucht, gibt es für jeden ein Stück des Friedenskuchens, der sehr friedlich unter den 800 Mitgliedern der Schulgemeinschaft geteilt wird. Der Anfang ist gemacht – nun freuen wir uns darauf, diesen Weg gemeinsam weiterzugehen.

Weitere Informationen:
Die Ausstellung „Frieden machen – gelungene Beispiele aus aller Welt“ stellt auf 28 Roll-Ups Friedensmacher:innen aus verschiedenen Ländern der Welt wie Kolumbien, Nordirland oder Sri Lanka in den Mittelpunkt. Sie zeigt, wie diese meist unbeachtet von der Öffentlichkeit erfolgreiche Projekte ins Leben rufen, die konfliktsensibel und gewaltfrei Friedensprozesse anstoßen und Versöhnung und Wiederaufbau fördern. Von all den Geschichten können wir lernen: Wie überwinden Menschen persönliche Grenzen, um auf ihre Feinde zuzugehen? Warum gelingt manchen Jugendlichen der Ausstieg aus radikalen bewaffneten Gruppen? Wie treten Frauen für ein Ende der Gewalt ein? Was können Fußball, Radio, Tanz und Streit zum Frieden beitragen? Die Geschichten lenken den Blick auf mutige Menschen, gelungene Kommunikation und kreative Lösungen, die zum Frieden führen.
Die Ausstellung ist ab heute bis Ende Februar für die Öffentlichkeit in der Aula des AGH zu sehen.
Wer sich für die einzelnen Friedensprojekte interessiert, findet hier detailliertere Informationen darüber: https://www.friedensbildung-bw.de/ausstellung-frieden-machen-peace-counts
Alle Mitglieder der Schulgemeinschaft sind herzlich eingeladen, beim AK Frieden mitzumachen, um konkrete Ideen umzusetzen, wie wir am AGH einen friedlichen Umgang miteinander etablieren und Frieden in die Welt tragen können. Interessenten können sich bei Frau Bentele melden.